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Pressemitteilung
C-567/13;
Verkündet am: 
 12.02.2015
EuGH Europäischer Gerichtshof
 

Rechtskräftig: unbekannt!
Das Unionsrecht steht der ungarischen Regelung, wonach Rechtsstreitigkeiten über die Unwirksamkeit missbräuchlicher Klauseln an die überörtlichen Gerichte verwiesen werden müssen, nicht grundsätzlich entgegen
Zum Urteilstext (Englisch!)
Zur englischen Version der Presserklärung

Im Jahr 2007 schlossen Frau Nóra Baczó und Herr János István Vizsnyiczai mit einer ungarischen Bank (der Raiffeisen Bank Zrt) einen Vertrag über ein durch eine Hypothek gesichertes Immobiliendarlehen. Der Darlehensvertrag enthielt eine Klausel, wonach für Streitigkeiten aus diesem Vertrag grundsätzlich ein Schiedsgericht zuständig sein sollte.

Im Jahr 2013 erhoben Frau Baczó und Herr Vizsnyiczai beim Pesti Központi Kerületi Bíróság (Zentrales Kreisgericht Pest) eine Klage, mit der sie die Nichtigkeit des Darlehensvertrages feststellen lassen wollten. Sie beantragten außerdem, dieses Gericht möge auch die Nichtigkeit der Klausel über die ausschließliche Zuständigkeit des Schiedsgerichts feststellen, und begründeten diesen Antrag damit, dass es sich dabei um eine missbräuchliche Klausel handele, die nach einer Richtlinie der Europäischen Union1 für sie nicht verbindlich sein könne.

Das Pesti Központi Kerületi Bíróság verwies die Sache an den Fővárosi Törvényszék (Hauptstädtischer Gerichtshof). Denn nach ungarischem Recht sind für Rechtsstreitigkeiten, die die Unwirksamkeit missbräuchlicher Vertragsbedingungen zum Gegenstand haben, die überörtlichen Gerichtshöfe (Törvényszékek) zuständig.

Frau Baczó und Herr Vizsnyiczai widersprachen der Verweisung ihrer Klage an den Fővárosi Törvényszék, weil ein Verfahren vor diesem Gericht teurer ist als ein Verfahren vor dem örtlichen Gericht.

Der Fővárosi Törvényszék möchte vom Gerichtshof wissen, ob die ungarische Regelung insoweit mit der Richtlinie vereinbar ist. Denn die Richtlinie verlangt von den Mitgliedstaaten, für angemessene und wirksame Mittel zu sorgen, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln in Verträgen, die mit Verbrauchern geschlossen werden, ein Ende gesetzt wird.

In seinem heutigen Urteil hat der Gerichtshof zunächst festgestellt, dass die Richtlinie nicht das nationale Gericht bestimmt, das für Klagen zuständig sein soll, mit denen Verbraucher die Unwirksamkeit missbräuchlicher Klauseln feststellen lassen wollen. Es ist somit nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie Sache des innerstaatlichen Rechts des jeweiligen Mitgliedstaats, die zuständigen Gerichte zu bestimmen und die Verfahrensmodalitäten für Klagen zu regeln, die den Schutz der dem Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen.

Der Gerichtshof hat daher für Recht erkannt, dass die Richtlinie einer nationalen Verfahrensvorschrift nicht entgegensteht, nach der dem örtlichen Gericht, das für die Entscheidung über die Klage eines Verbrauchers, die die Unwirksamkeit eines Vertrags zum Gegenstand hat, zuständig ist, für einen Antrag dieses Verbrauchers auf Feststellung der Missbräuchlichkeit von Vertragsklauseln, die in demselben Vertrag enthalten sind, die Zuständigkeit fehlt. Anders verhielte es sich jedoch, wenn sich herausstellte, dass der Umstand, dass dem örtlichen Gericht die Zuständigkeit entzogen wird, zu Verfahrensnachteilen führt, die geeignet sind, die Ausübung der dem Verbraucher durch die Rechtsordnung der Union verliehenen Rechte übermäßig zu erschweren. Die Prüfung, ob dies der Fall ist, ist Sache des nationalen Gerichts.

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HINWEIS: Im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens können die Gerichte der Mitgliedstaaten in einem bei ihnen anhängigen Rechtsstreit dem Gerichtshof Fragen nach der Auslegung des Unionsrechts oder nach der Gültigkeit einer Handlung der Union vorlegen. Der Gerichtshof entscheidet nicht über den nationalen Rechtsstreit. Es ist Sache des nationalen Gerichts, über die Rechtssache im Einklang mit der Entscheidung des Gerichtshofs zu entscheiden. Diese Entscheidung des Gerichtshofs bindet in gleicher Weise andere nationale Gerichte, die mit einem ähnlichen Problem befasst werden.
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1Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95,S. 29).
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Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. Dies soll verdeutlichen, aber keinesfalls natürlich den Sinn verändern.Wenn Sie vorsichtshalber zusätzlich die Originalversion sehen möchten, hier ist der Link zur Quelle (kein Link? Dann ist dieser Link nicht in unserer DB gespeichert, z.B. weil das Urteil vor Frühjahr 2009 gespeichert worden ist).