Pressemitteilung
T-319/11;
Verkündet am:
08.04.2014
EuGH Europäischer Gerichtshof
Rechtskräftig: unbekannt! Das Gericht bestätigt das der ABN Amro auferlegte Beteiligungsverbot Leitsatz des Gerichts: Die Kommission hatte dieses Verbot im Jahr 2011 im Rahmen der aufgrund der Finanzkrise erfolgten Rekapitalisierung von ABN Amro durch den niederländischen Staat verhängt Zum Urteilstext (Englisch!) Zur englischen Version der Presserklärung Die ABN Amro Group NV (ABN Amro) ist ein Finanzinstitut mit Sitz in Amsterdam (Niederlande). Sie hält 100 % der Anteile der ABN Amro Bank NV, deren Geschäft auf zwei Kundengruppen ausgerichtet ist: Sie ist zum einen im Privatkundengeschäft und der Vermögensverwaltung tätig und zum anderen im Commercial und Merchant Banking. Die derzeitige Struktur von ABN Amro beruht auf einer im Jahr 2007 zwischen der Fortis SA/NV, der Royal Bank of Scotland und der Banco de Santander geschlossenen Vereinbarung. Diese Vereinbarung sah vor, dass die frühere Muttergesellschaft, die ABN Amro Holding, erworben und in mehrere Teil aufgespalten werden sollte. Angesichts der Finanzkrise und der Unsicherheit hinsichtlich der langfristigen Lebensfähigkeit von Fortis im Herbst 2008 erwarb der niederländische Staat die Fortis Bank Nederland (FBN) – die niederländische Tochtergesellschaft von Fortis – sowie bestimmte Geschäftseinheiten der ABN Amro Holding (darunter ABN Amro N). Der niederländische Staat beschloss, FBN und ABN Amro N zu fusionieren, um eine neue rechtliche Einheit, ABN Amro, zu schaffen. Diese Erwerbe sowie die Rekapitalisierungsmaßnahmen des niederländischen Staates zugunsten von ABN Amro waren Gegenstand einer Prüfung durch die Kommission. Vor diesem Hintergrund fanden in den Jahren 2010 und 2011 verschiedene Gespräche und Treffen zwischen dem niederländischen Staat, ABN Amro und der Kommission statt, bei denen es u. a. um den Umfang und die Dauer eines ABN Amro auferlegten Beteiligungsverbots ging. Die Kommission hielt eine solche Maßnahme für erforderlich, damit die ABN Amro gewährte Beihilfe als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden könne. Da hinsichtlich der Modalitäten dieses Verbots keine Einigung erzielt werden konnte, erließ die Kommission am 5. April 2001 einen mit Bedingungen versehenen Beschluss1. In diesem Beschluss kommt die Kommission zu dem Ergebnis, dass ABN Amro eine staatliche Beihilfe in Form einer Rekapitalisierungshilfe in Höhe von 4,2 bis 5,45 Milliarden Euro und einer Liquiditätshilfe in Höhe von 71,7 Milliarden Euro erhalten habe. Sie erkennt jedoch an, dass die Umstrukturierungspläne unter bestimmten Bedingungen mit der Mitteilung über Bankenumstrukturierungen2 im Einklang stünden. Der Beschluss sieht für drei Jahre ein Beteiligungsverbot vor, mit Ausnahme jedoch von bestimmten Arten von Beteiligungen und Beteiligungen, die eine bestimmte Höhe nicht überschreiten. Dieses Verbot wird auf fünf Jahre ausgedehnt, wenn der niederländische Staat nach drei Jahren weiterhin über 50 % an ABN AMRO hält. ABN Amro hat gegen diesen Beschluss Klage erhoben, mit der sie den Umfang und die Dauer des in dem streitigen Beschluss vorgesehenen Verbots beanstandet. ABN Amro macht dabei im Wesentlichen geltend, dass die ihr gewährte Beihilfe nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führe, da sie nicht deswegen erforderlich geworden sei, weil sie übermäßige Risiken eingegangen wäre. Angesichts dessen sei der Umfang des Verbots insoweit unangemessen, als es ihr untersagt sei, mehr als 5 % irgendeines Unternehmens zu kontrollieren, und Ausnahmen nur begrenzt vorgesehen seien. In seinem Urteil vom heutigen Tage weist das Gericht zunächst auf das Ermessen der Kommission hinsichtlich der Bedingungen hin, die erfüllt sein müssen, damit eine Beihilfe, mit der eine beträchtliche Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats behoben werden soll, für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden kann. Es weist ferner darauf hin, dass eine in diesem Zusammenhang vorgesehene verhaltensorientierte Maßnahme nicht isoliert betrachtet werden kann. Als nächstes bestätigt das Gericht die Ansicht der Kommission, dass der Erwerb von Beteiligungen dem Zweck dienen müsse, die Lebensfähigkeit der durch die Beihilfe begünstigten Einrichtung zu gewährleisten, was impliziere, dass alle mit staatlichen Beihilfen finanzierten Beteiligungen, die zur Wiederherstellung der Lebensfähigkeit der begünstigten Gesellschaft nicht unbedingt erforderlich seien, gegen den Grundsatz verstießen, dass die Beihilfe auf das unbedingt notwendige Mindestmaß zu beschränken sei. Damit soll nämlich erreicht werden, dass die Mittel der begünstigten Bank dazu verwendet werden, die Beihilfe zurückzuzahlen, bevor neue Beteiligungen erworben werden. Das Gericht kommt daher zu dem Ergebnis, dass das Verbot, Beteiligungen von 5 % oder mehr an Unternehmen gleich welchen Sektors zu erwerben, unter den Umständen des vorliegenden Falls mit den Grundsätzen im Einklang steht, die in den verschiedenen Mitteilungen der Kommission, insbesondere der Umstrukturierungsmitteilung3, enthalten sind. Dasselbe gilt für die Dauer des Verbots. Das Verbot ist daher zumindest für drei Jahre ab Erlass des angefochtenen Beschlusses oder bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Beteiligung des niederländischen Staats unter 50 % sinkt, aufrechtzuerhalten, endet jedoch spätestens fünf Jahre nach Erlass des angefochtenen Beschlusses. ABN Amro war jedoch der Ansicht dass der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union es der Kommission untersage, einen Beschluss zu erlassen, der auf den öffentlichen oder privaten Charakter des Eigentums an einem Unternehmen abstelle. Das Gericht weist insoweit darauf hin, dass der angefochtene Beschluss das Eigentum des Staates nicht mit einer staatlichen Beihilfe gleichsetzt und einen objektiven Grund dafür nennt, weshalb die Mehrheitsbeteiligung des Staates an der Bank als Bezugspunkt verwendet wird, so dass von einer Diskriminierung des Staatseigentums nicht die Rede sein kann. Im Übrigen führt das Gericht aus, dass die Kommission unter den besonderen Umständen des Falles zu Recht davon ausgehen konnte, dass der mit der Beihilfe verbundene Vorteil ende, sobald der niederländische Staat keine Mehrheitsbeteiligung mehr an ABN Amro halte. Außerdem konnte die Kommission bei der Bestimmung der Höchstdauer des Verbots u. a. die Strategie des niederländischen Staates zum Ausstieg aus der Beteiligung an ABN Amro (die der Kommission im Verwaltungsverfahren dargelegt wurde) berücksichtigen. Schließlich weist das Gericht das Vorbringen von ABN Amro hinsichtlich eines Begründungsmangels sowie einer Verletzung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Gleichbehandlung und der ordnungsgemäßen Verwaltung zurück und weist die Klage in vollem Umfang ab. ----------------- HINWEIS: Eine Nichtigkeitsklage dient dazu, unionsrechtswidrige Handlungen der Unionsorgane für nichtig erklären zu lassen. Sie kann unter bestimmten Voraussetzungen von Mitgliedstaaten, Organen der Union oder Einzelnen beim Gerichtshof oder beim Gericht erhoben werden. Ist die Klage begründet, wird die Handlung für nichtig erklärt. Das betreffende Organ hat eine durch die Nichtigerklärung der Handlung etwa entstehende Regelungslücke zu schließen. ------------------ 1Beschluss 2011/823/EU über die Maßnahmen, die die Niederlande zugunsten von ABN AMRO Group NV durchgeführt haben (ABl. L 333, S. 1). 2Mitteilung der Kommission über die Wiederherstellung der Rentabilität und die Bewertung von Umstrukturierungsmaßnahmen im Finanzsektor im Rahmen der derzeitigen Krise gemäß den Beihilfevorschriften (ABl. 2009, C 195, S. 9). 3Siehe Fußnote 2. ----------------------------------------------------- Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. Dies soll verdeutlichen, aber keinesfalls natürlich den Sinn verändern.Wenn Sie vorsichtshalber zusätzlich die Originalversion sehen möchten, hier ist der Link zur Quelle (kein Link? 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