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Pressemitteilung
IV ZR 247/09;
IV ZR 156/09;
IV ZR 117/09;
Verkündet am: 
 25.05.2011
BGH Bundesgerichtshof
 

Vorinstanzen:
8 U 192/08
Oberlandesgericht
Celle;
Rechtskräftig: unbekannt!
1. BGH-Entscheidung zu versicherungsrechtlichen Folgen des Zusammenbruchs der HEROS-Gruppe - Umfang der Transportversicherung für Geld- und Werttransporte
Zum Volltext

Der für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute erste Entscheidungen zu den versicherungsrechtlichen Folgen des Zusammenbruchs der HEROS-Gruppe getroffen.

Führende Mitarbeiter dieser ehemals größten deutschen Firmengruppe von Geld- und Werttransportunternehmen waren im Februar 2006 verhaftet und in der Folgezeit zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden (vgl. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 1. April 2008 – 3 StR 493/07; Pressemitteilung 123/08). Dabei wurde festgestellt, dass die HEROS-Gruppe spätestens seit Mitte der 1990er Jahre in finanzielle Schwierigkeiten geraten war. Unter anderem um Liquiditätsengpässe auszugleichen, waren laufend die im Zuge von Transportaufträgen entgegengenommenen Gelder nicht sogleich den Konten der jeweiligen Auftraggeber gutgebracht, sondern zu Teilen zur Befriedigung anderweitig offener Forderungen verwendet worden. Der Ausgleich war zeitverzögert durch einen entsprechenden Zugriff auf Gelder aus späteren Transporten erfolgt, so dass die Auskehrung der Gelder der Vortage sich zwar verzögert hatte, die Fehlbeträge aber lange Zeit nicht aufgefallen waren.

Zahlreichen Auftraggebern war Mitte Februar 2006 der HEROS-Gruppe zum Transport überlassenes Bargeld nicht mehr (vollständig) auf ihren Konten gutgeschrieben worden. Die Unternehmen der HEROS-Gruppe wurden nachfolgend insolvent.

Die Klägerin des mit dem heutigen Urteil entschiedenen Rechtsstreits, ein großes Einzelhandelsunternehmen, zählte zu den früheren Auftraggebern der HEROS-Gruppe. Nach ihrer Behauptung hat auch sie einen Schaden erlitten. Sie hat von der Beklagten als führendem Versicherer anteilige Versicherungsleistungen aus einer von den Unternehmen der HEROS-Gruppe abgeschlossenen Transportversicherung gefordert. Deren Versicherungsschutz erstreckt sich auf „jegliche Verluste und/oder Schäden gleichviel aus welcher Ursache einschließlich Veruntreuung und/oder Unterschlagung” und beginnt „mit Übergabe der versicherten Güter” an das Transportunternehmen und „endet, wenn die versicherten Güter bei der vom Auftraggeber vorher bezeichneten Stelle einer autorisierten Person übergeben wurden”.

Die Parteien haben insbesondere darüber gestritten, ob die Beklagte den Versicherungsvertrag wirksam wegen arglistiger Täuschung anfechten konnte und schon deshalb leistungsfrei ist, ferner darüber, ob Mitarbeiter des Transportunternehmens im Umgang mit anvertrautem Bargeld gegen vertragliche Verpflichtungen verstoßen und dadurch einen Versicherungsfall ausgelöst haben.

Das Berufungsgericht hatte die Klage abgewiesen.

Dagegen richtete sich die Revision der Klägerin.

Mit dem heutigen Urteil hat der Bundesgerichtshof die Revision zurückgewiesen.

Bei der Auslegung der maßgeblichen Vertragsbedingungen hat die Zusammenschau der Bedingungen der Geld- und Werttransportversicherung ergeben, dass eine Allgefahrendeckung (lediglich) für den Verlust oder die Beschädigung von Sachen (insbesondere Hartgeld, Banknoten, Schecks und Wertpapieren) in der Obhut der Versicherungsnehmerin bis zur Übergabe an die von der Transport-Auftraggeberin bezeichnete Stelle (hier: Filialen der Deutschen Bundesbank) besteht. Weiter haben die Bedingungen des zwischen der Klägerin und HEROS geschlossenen Transportvertrages es nicht ausgeschlossen, dass transportiertes Bargeld von HEROS-Unternehmen bei Ablieferung zunächst einem auf ihren Namen lautenden Konto gutgebracht wurde. Danach war das Transportunternehmen hier nicht verpflichtet, das Geld unmittelbar und in bar auf ein Konto der Klägerin einzuzahlen.

Bei dieser Bedingungslage liegt nach Auffassung des Bundesgerichtshofs selbst dann kein Versicherungsfall vor, wenn die Einzahlung auf das Eigenkonto der Versicherungsnehmerin mit dem Vorsatz erfolgt war, das entsprechende Guthaben zunächst für eigene Zwecke zu verwenden und der Auftraggeberin abredewidrig erst mittels einer zeitlich verzögerten Überweisung zu erstatten. Es fehlt in einem solchen Fall an einem - allein vom Versicherungsschutz umfassten - stofflichen Zugriff auf das Transportgut. Der von der Klägerin geltend gemachte Verlust ist vielmehr erst dadurch eingetreten, dass die Weiterüberweisung des Geldwertes auf ihr Konto pflichtwidrig unterblieben ist. Darin liegt aber kein stofflicher Zugriff auf das Transportgut, die versicherten - körperlichen - Sachen, sondern lediglich ein treuwidriger Umgang mit nicht mehr versichertem Buchgeld.

In zwei weiteren Verfahren (IV ZR 156/09, IV ZR 247/09) hat der Bundesgerichtshof aus im Wesentlichen gleichen Erwägungen Nichtzulassungsbeschwerden gegen Urteile des Oberlandesgerichts Celle mit Beschlüssen vom heutigen Tage zurückgewiesen.
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