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Text des Urteils
5 O 1147/08;
Verkündet am: 
 10.09.2010
LG Landgericht
 

Halle
Rechtskräftig: unbekannt!
Verweigert Auftraggeber eines Werkvertrages (hier: Bau) erforderliche Mitwirkung für Werkfertigstellung ohne genügende Begründung, kann Werkunternehmer bereits nach Rechtslage vor 01.01.2009 vollen Werklohn verlangen (hier: abgelehnt, weil nicht grundlos)
Kommentar/Leitsatz/Leitsätze von: Internet entrepreneur Franz-Anton Plitt, Chisinau
Halte das Ergebnis für nicht ganz zutreffend. Wenn Zurückbehaltungsrecht (hier: nach § 321 BGB) für Leistungsablieferung besteht, kann ja wohl Auftraggeber nicht deshalb berechtigt die Zuarbeit zur Fertigstellung zurückhalten. Und bei Unklarheit muß Auftraggeber wohl nachfragen, ob überhaupt Weiterarbeit abgelehnt wird. Weiterarbeit und Ablieferung sind 2 (meist) verschiedene Dinge, meine ich.
Hinweis: Einfügungen der Redaktion in Blau!

In dem Rechtsstreit

der Firma ...

-Klägerin-


Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt ...

gegen

die Firma ...

-Beklagte-


Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...

hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Halle auf die mündliche Verhandlung vom 25.06.2010 durch die Richterin am Landgericht Dr. Schluchter als Einzelrichterin für Recht erkannt:

1. Die Klage wird als derzeit unbegründet abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist für die Beklagte wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.


und beschlossen:

4. Der Streitwert wird auf 44.288,80 Euro festgesetzt.


Tatbestand

Unstreitiger + festgestellter Tatbestand:

Die Klägerin macht gegen die Beklagte restliches Architektenhonorar geltend.

Auf Grund des Angebots der Klägerin vom 29.09.2005 (Anlage K 8, Bl. 90 ff. d.A.) schlossen die Parteien unter dem 24.11.2005 einen Architektenvertrag über die Mitarbeit der Klägerin bei der Genehmigungsplanung für einen Neubau einer Bioethanolanlage in Halle, für dessen Inhalt auf Anlage K 1, Bl. 6 ff. d.A., verwiesen wird.

Die Beklagte war Bauherrin und Auftraggeberin für das Bioethanolwerk.

Der Verfahrensgeber, die Firma M ... (im Folgenden MP) mit Sitz in Italien, war Auftragnehmer und stellte das technische Verfahren für die Bioethanolgewinnung bereit.

Vertragsgegenstand war die Erstellung einer schlüsselfertigen Anlage zur Herstellung von Bioethanol und sog. Kopplungsprodukte in Halle.

Die Baugenehmigungsplanung, insbesondere die Erstellung der Bauplanung entsprechend der Landesbauordnung, war Sache der Beklagten.

Aufgabe der Klägerin und Inhalt des Architektenvertrages war es, die Planungen und Angaben des Verfahrensgebers unter Hinzuziehung der Zuarbeit der Beklagten den Anforderungen des deutschen Bundesimmissionsschutzgenehmigungsverfahrens (im folgenden BlmSchGenehmigungsverfahren) anzupassen und die entsprechenden Genehmigungsunterlagen zu erstellen. Außerdem sollte sie prüfen, ob sich die ihr von MP in diesem Zusammenhang überlassenen Unterlagen in Übereinstimmung mit den Vorgaben aus der vertraglichen Beziehung zwischen der Beklagten und MP befanden.

Das Honorar für die Übertragungs- und Kontrollarbeiten der Klägerin sollte pauschal 57.000,00 Euro zzgl. MWSt betragen.

Unter § 4.9 des Vertrages heißt es:

„1. AZ in Höhe 30% 6.12.05
2. AZ nach Einreichung der Unterlagen in Höhe 60 %
Schlussrechnung 10 % nach erteilter Genehmigung\".


Mit Schreiben vom 23.12,2005 (Anlage K 9, Bl. 97 f. d.A.) machte die Klägerin der Beklagten ein Angebot zur Erstellung der Bauvorlageunterlagen.

Mit Rechnung vom 07.02.2006 (Anlage K 2, Bl. 11 d.A.) verlangte die Klägerin von der Beklagten den 2. Abschlag in Höhe von 60 % zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer in Höhe von insgesamt 39.672,00 Euro, obwohl sie die Unterlagen, die Gegenstand des Vertrages vom 24.11.2005 waren, noch nicht bei der Beklagten eingereicht hatte.

Am 21.02.2006 fand im Büro der Klägerin ein Gespräch bezüglich des Standes des BlmSch-Verfahrens statt, dessen Protokoll Herr Dr. W. von der … Ltd. erstellte und an dem außerdem Vertreter der Klägerin, von MP und eines Sachverständigenbüros teilnahmen.

Für den Inhalt des Protokolls wird auf Anlage B 1, Bl. 48 ff. d.A., verwiesen. Dort findet sich unter TOP 2 u.a. die Aussage des Vertreters der Klägerin, das Anlagenlayout von MP sei in Ordnung bis auf die bauordnungsrechtlichen Aspekte, die nicht genehmigungsfähig seien.

Drei Ordner mit den Bauunterlagen, die für den BlmSch-Antrag notwendig seien, habe die Klägerin schon erstellt. Sie werde diese der Beklagten jedoch nicht ohne eine entsprechende entgeltliche Beauftragung übergeben.

Der Inhalt des Protokolls vom 21.02.2006 wurde seitens der Klägerin niemals gebilligt.

Irgendwann im Laufe des Jahres 2006 verkaufte die Beklagte das Projekt.

Mit Schreiben vom 21.08.2007 (Anlage K 4, Bl. 22 d.A.) forderte die Klägerin die Beklagte zur Sicherheitsleistung gemäß § 648 a 6GB auf. Für den weiteren Inhalt des Schreibens wird auf Anlage K 4, Bl. 22 d.A., verwiesen.

Die Forderungen aus diesem Schreiben lehnte die Beklagte ab.

Kurz darauf wurde sie mit Urteil des Landgerichts Halle vom 07.09.2007 (Az. 5 O 334/06) -inzwischen rechtskräftig - verurteilt, die erste Abschlagszahlung in Höhe von 30 % an die Klägerin zu zahlen.

Die Beklagte bezahlte die ausgeurteilte Forderung nach monatelanger Vollstreckung.

Die Klägerin verlangt mit der vorliegenden Klage von der Beklagten die Zahlung der restlichen 70 % Architektenhonorar abzüglich ersparter Aufwendungen in Höhe von 1.720,00 Euro, für deren Berechnung auf Anlage K 5, Bl, 23 d.A., verwiesen wird, zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer.

Bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung hatte die Klägerin die Genehmigungsunterlagen weder bei der Beklagten noch diese die Genehmigungsunterlagen bei der Behörde eingereicht.


Weiterer Vortrag der Klägerin:

Die Klägerin behauptet, sie erhalte weder von der Beklagten noch von MP die erforderlichen Zuarbeiten, so dass sie die Unterlagen nicht fertig stellen könne.

Sie beruft sich auf ein Zurückbehaltungsrecht bis auf Weiteres, längstens bis zur Leistung von Sicherheit in voller Resthöhe oder Zahlung von 60 % der Vertragssumme. Die nur einfach bei Gericht eingereichten 6 Aktenordner enthielten bis auf die fehlenden Zuarbeiten das geschuldete Werk, welches der Beklagten allerdings nicht zugänglich gemacht werden könne, ohne das Zurückbehaltungsrecht der Klägerin zu entwerten.

Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 29.07.2010 wiederholt die Klägerin noch einmal, dass sie das von ihr ausgeübte Zurückbehaltungsrecht auf § 648a BGB und auf § 321 BGB stütze.

Anträge der Parteien:

Mit der am 24.09.2008 zugestellten Klage beantragt die Klägerin,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin

a) Architektenhonorar in Höhe von 44.288,80 Euro zuzüglich 8 % Zinsen über dem Basiszins für einen Teilbetrag von 39.672,00 Euro seit 10.03.2006 und für den Restbetrag von 4.616,80 Euro seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

b) vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.307,81 Euro zuzüglich 8 %
Zinsen über dem Basiszins seit 25.09.2007 zu zahlen.


hilfsweise

2. die Zahlung wie unter 1. Zug um Zug gegen Aushändigung der erstellten Unterlagen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Weiterer Vortrag der Beklagten:

Sie behauptet, die Klägerin habe keinerlei Unterlagen erstellt, geschweige denn an die Beklagte übergeben.

Die Gründe hierfür habe allein die Klägerin zu vertreten.

Sie bestreitet die Höhe der ersparten Aufwendungen.

Mündlich auf der Besprechung vom 12.01.2006 sowie mit dem Gesprächsprotokoll vom gleichen Tag, für dessen Inhalt auf Anlage B 4, Bl. 140 f. d.A. verwiesen wird, habe die Beklagte gegenüber der Klägerin gerügt, dass die Klägerin zuvorderst nur ihre eigenen Interessen sehe, falsche Angaben mache, die gestellten Aufgaben im Interesse der Beklagten nicht erfülle und nicht erkenne, dass die MP-Bioethanolanlage keine Proteine, sondern Aminosäuren herstelle.

Auf Vorschlag des Herrn Dr. Wittig im Februar 2006 habe die Beklagte versucht zu prüfen, ob seitens der Klägerin alles in Ordnung sei, habe jedoch mangels Informationen keine Prüfung vornehmen können.

Die Bauplanung sei keine zwingende Voraussetzung für das Erstellen der Antragsunterlagen für die Erteilung einer Genehmigung nach BlmSchG.

Die von der Klägerin konkret in ihrem Schriftsatz vom 09.12.2008, dort S. 9 (Bl. 81 d.A.), als fehlend gerügten Gutachten habe MP allesamt nach der verfrühten Rechnungsstellung der Klägerin vom 07.02.2006 an Drittfirmen in Auftrag gegeben. Allerdings habe die Klägerin nach dem 07.02.2006 keine weiteren Leistungen mehr erbracht.

Ergänzender Verweis des Gerichts auf die Akten:

Für die weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.


Entscheidungsgründe

Die Klage ist sowohl hinsichtlich ihres Haupt- als auch hinsichtlich ihres Hilfsantrags unbegründet.

I.


A. Die Klage ist hinsichtlich ihres Hauptantrags (Klageantrag Zif. 1) unbegründet. Die Klägerin hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen derzeit fälligen, unbedingten Zahlungsanspruch gegen die Beklagte.

1. Die Klägerin hat keinen fälligen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung des restlichen Architektenhonorars gemäß § 631 Abs. 1, 2. Alt. BGB in Verbindung mit dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag vom 24.11.2005.


a. Beim Vertrag vom 24.11.2005 handelt es sich um einen Werkvertrag.

Am Ende der Tätigkeit der Klägerin sollte die Genehmigung der Bioethanolanlage stehen, was sich schon daran zeigt, dass das vollständige Honorar nach § 4.9 der vertraglichen Vereinbarung erst fällig sein soll, wenn die Genehmigung erteilt ist.

Die Zwischenzahlungen sind ausdrücklich nur als Abschlagszahlungen bezeichnet.

An dem werkvertraglichen Charakter des Vertrages ändert auch nichts, dass die Klägerin diesen Erfolg weniger durch eigene Planerstellung, sondern mehr durch Zusammenstellen und Überarbeiten der Pläne und Gutachten anderer fachlich Beteiligter herbeiführen sollte, wozu sie überwiegend Beratungstätigkeiten, Kontrolltätigkeiten, Koordinierungstätigkeiten und Archivierungstätigkeiten durchführen musste.

Gemäß § 631 Abs. 1 S. 2 BGB kann Gegenstand des Werkvertrages auch ein durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein.


b. Der hier eingeklagte, über die erste Abschlagszahlung in Höhe von 30 % hinausgehende Teil des Werklohns ist nicht fällig.

Voraussetzung für die Fälligkeit der 2. Abschlagszahlung in Höhe von 60 % ist nach der vertraglichen Vereinbarung in § 4.9 Zif. 2, dass die Klägerin die vollständigen Genehmigungsunterlagen bei der Beklagten einreicht. Diese vertraglich vereinbarte Vorleistungspflicht der Klägerin entspricht dem gesetzlichen Leitbild des Werkvertrages (vgl. §§ 640, 641 BGB).

Unstreitig hat die Klägerin die Unterlagen bisher nur bei Gericht, nicht aber bei der Beklagten eingereicht.

Das Gericht musste die Klägerin auf deren Bitte im Schriftsatz vom 03.12.2008 (Bl. 71 d.A.) auch nicht darauf hinweisen, dass die Unterlagen an die Beklagte überreicht werden müssten. Auch dann wäre die 2. Abschlagszahlung gemäß § 4.9 Zif. 2 des Vertrages nicht fällig geworden. Denn nach dem eigenen Vortrag der Klägerin sind die Unterlagen nicht vollständig, weil noch Zuarbeiten von MP und der Beklagten fehlen. Die Klägerin bekennt sich selbst ausdrücklich zur fehlenden Genehmigungsreife der Unterlagen.


c. Die Klägerin hat keine von der vertraglichen und gesetzlichen Regelung abweichende Vorleistungspflicht der Beklagten als Auftraggeberin herbeigeführt oder könnte sich auf eine solche berufen.

aa. Das Zurückbehaltungsrecht gemäß § 321 BGB sieht als Rechtsfolge die Vorleistungspflicht des Vertragsgegners nicht vor.

Es berechtigt den die Unsicherheitseinrede Erhebenden gemäß § 321 Abs. 1 S. 1 BGB lediglich, die ihm obliegende Leistung zu verweigern (dies tut die Klägerin bereits), oder unter bestimmten zusätzlichen Voraussetzungen gemäß § 321 Abs. 2 S. 2 BGB vom Vertrag zurückzutreten.

Mit dem Rücktritt vom Vertrag würde jedoch der Anspruch auf den Werklohn wegfallen, abgesehen davon, dass die Klägerin einen Rücktritt nicht erklärt, sondern beispielsweise auf S. 1 des Schriftsatzes vom 03.12.2008, Bl. 68 d.A., geäußert hat, schlicht weitermachen zu wollen.

bb. Auch die Einrede des § 320 Abs. 1 BGB führt gemäß dessen S. 1 nur dazu, dass die Klägerin ihre eigene Leistung verweigern kann, abgesehen davon, dass die Voraussetzungen des § 320 Abs. 1 S. 1 a.E. BGB schon wegen der Vorleistungspflicht der Klägerin (vgl. oben b.) nicht gegeben sind.

cc. Schließlich sieht § 648 a BGB als Rechtsfolge die Vorleistungspflicht des Vertragsgegners nicht vor.

Auch hier kann der Unternehmer gemäß Abs. 1 S. 1 seine eigene Leistung verweigern (was die Klägerin bereits tut), oder unter bestimmten zusätzlichen Voraussetzungen gemäß Abs. 5 S. 1 iVm §§ 643, 645 Abs. 1 BGB den Vertrag aufheben.

Eine Androhung der Vertragskündigung mit der Folge der Vertragsaufhebung gemäß §§ 643, 645 Abs. 1 BGB hat die Klägerin ausweislich ihres Schreibens vom 21.08.2007, dort Zif. 1 a.E. (vgl. Anlage K 4, Bl. 22 d.A.) aber ausdrücklich nicht erklärt.

dd. Eine Vorleistungspflicht der Beklagten ergibt sich auch nicht aus den Grundsätzen der Entscheidung des BGH vom 16.05.1968, Az. VII ZR 40/66..

Nach dieser Entscheidung ist der Unternehmer nicht auf die Rechte aus §§ 642, 643, 645 BGB beschränkt, wenn der Besteller ihm obliegende Mitwirkungspflichten grundlos und endgültig verweigert.

Vielmehr kann der Unternehmer in diesem Falle auch Erfüllung durch Vorauszahlung des Werklohns beanspruchen.

Indessen ergibt sich aus den Darlegungen der Klägerin nicht, dass die Beklagte ihr obliegende Mitwirkungshandlungen grundlos und endgültig verweigern würde.

Auf den Hinweis des Gerichts vom 27.10.2008, dass zu den angeblich fehlenden Mitwirkungshandlung der Beklagten und MP substantiierte Ausführungen zu machen seien, hat die Klägerin auf S. 7 ihres Schriftsatzes vom 09.12.2008 (Bl. 81 d.A.) vorgetragen, es fehlten die Bauplanung sowie die Gutachten zu Luftreinhaltung, Lärmschutz, Explosionsschutz und Brandschutz. Sowohl die Bauplanung als auch die vier Gutachten seien durch die Beklagte zu beauftragen oder jedenfalls zu veranlassen gewesen.

Es kann zu Gunsten der Klägerin unterstellt werden, dass die Beklagte bisher weder die Bauplanung noch die vier Gutachten in Auftrag gegeben hat und dass auch die Bauplanung -was die Beklagte bestreitet - unabdingbare Voraussetzung für die Genehmigungsreife der BlmSch-Unterlagen ist.

Indessen hat die Beklagte gute Gründe, diese für sie kostenträchtigen Maßnahmen nach dem Verhalten der Klägerin und dem jetzigen Stand ihrer Arbeiten noch nicht in Auftrag zu geben.

Am 07.02.2006 (vgl. Anlage K 2, Bl. 11 d.A.) stellte die Klägerin der Beklagten den 2. Abschlag auf das Architektenhonorar in Höhe von 60 % zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer in Rechnung, obwohl sie unstreitig weder über genehmigungsreife Unterlagen verfügte noch der Beklagten irgendwelche Unterlagen übergeben hatte.

Eine solche Rechnungsstellung konnte die Beklagte als Weigerung der Klägerin verstehen, noch weiter tätig zu werden.

Zumindest musste sie dieses Verhalten so verstehen, dass die Klägerin meinte, am 07.02.2006 alles ihrerseits Erforderliche getan zu haben und nur noch auf die Zuarbeiten der Beklagten bzw. MP warten zu müssen.

Diesen Standpunkt vertritt die Klägerin auch im vorliegenden Prozess.

Indessen ergibt sich aus ihrem substantiierteren Vortrag (S. 7 ihres Schriftsatzes vom 09.12.2008 (Bl. 81 d.A.)), dass dies nicht zutrifft und sie vielmehr auch nach dem 07.02.2006 noch in mindestens zwei Punkten hätte tätig werden müssen:

- Für das Lärmschutzgutachten stehen die benötigten Angaben aller Geräuschquellen von MP noch aus. Diese zur Vervollständigung von MP abzufordern, ist jedoch ausweislich des letzten Spiegelstriches der Pos. 1 des Angebots der Klägerin vom 29.09.2005 (Anlage K 8, Bl. 90 d.A.), welches Grundlage für den Vertrag vom 24.11.2005 war, Aufgabe der Klägerin.

- Bezüglich des Explosionsschutzkonzeptes trägt die Klägerin sogar explizit selbst vor, dass sie die hierzu durch MP erstellten Grundlagen noch auf Vollständigkeit prüfen und etwa fehlende Daten bei MP nachfordern musste. Auch dies hat die Klägerin noch nicht getan.

Angesichts der Tatsache, dass die Beklagte von der Klägerin bereits am 07.02.2006 die zweite Abschlagsrechnung erhalten hatte, obwohl die Klägerin in den beiden oben aufgeführten Punkten noch hätte tätig werden können und müssen, ist es der Beklagten nicht zuzumuten, kostenträchtige Bauplanungen und Gutachten in Auftrag zu gegeben, bevor die beiden fehlenden Punkte abgearbeitet sind.

Die Beklagte hat die Erfüllung der ihr obliegenden Mitwirkungspflichten folglich nicht grundlos und endgültig verweigert.

Die vom BGH in seinem Urteil vom 16.05.1968, Az. VII ZR 40/66, aufgestellten Voraussetzungen, unter denen der Unternehmer Erfüllung durch Vorauszahlung des Werklohns beanspruchen kann, liegen im vorliegenden Fall (also) nicht vor.


2. Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Zahlung gemäß § 326 Abs. 2 BGB.

Es besteht kein Umstand, auf Grund dessen die Klägerin gemäß § 275 Abs. 1 BGB nicht mehr zu leisten braucht.

Durch den Verkauf des Projekts ist die Leistung für die Klägerin nicht unmöglich geworden. Die Beklagte kann die Genehmigungsunterlagen an den Erwerber des Projekts weiterleiten. In dessen Namen kann die Genehmigung eingereicht und für diesen auch erteilt werden.


3. Die Klägerin hat keinen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte gemäß § 649 S. 2 BGB.

(Das Original hat hier wirklich keine Nummerierung mit a, b, c, ..., sondern beginnt tatsächlich gleich mit den Doppelbuchstaben aa., bb., ...)

aa. Eine freie Kündigung des Werkvertrags vom 24.11.2005 hat die Beklagte nicht erklärt.

Entgegen der Meinung der Klägerin stellt auch die E-Mail vom 06.06.2008 (Anlage B 3, Bl. 62 d.A.) eine solche Kündigung nicht dar.

Hier lässt die Beklagte durch ihren damaligen Rechtsanwalt erklären, dass sie nicht bereit ist, weitere Zahlungen zu leisten, weil die geschuldete Genehmigungsplanung weder fertig gestellt noch übergeben wurde.

Damit weist die Beklagte lediglich - rechtlich zutreffend (vgl. oben 1 .b. und c.) - auf die Vorleistungspflicht der Klägerin hin.

Auch die Klägerin hat erkannt, dass sich die Beklagte weigert, den Vertrag zu kündigen (vgl. S. 4 der Klageschrift, Bl. 4 d.A.).

bb. Die Klägerin ihrerseits hat eine Kündigung des Werkvertrages aus wichtigem Grund ebenfalls nicht erklärt.

Wie bereits oben (vgl. 1.c.aa. und cc.) dargelegt, vermeidet sie alles, ihrerseits eine Beendigung des Vertrages herbeizurühren und äußert im Gegenteil beispielsweise auf S. 1 des Schriftsatzes vom 03.12.2008, Bl. 68 d.A., schlicht weitermachen zu wollen.


4. Da bereits der Hauptanspruch nicht besteht, entfallen auch die geltend gemachten Nebenansprüche (Zinsen und die mit Zif. 1b des Klageantrags verlangten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten).


B. Im Hinblick auf den Hilfsantrag ist die Klage ebenfalls unbegründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung des restlichen Werklohns gemäß § 631 Abs. 1, 2. Alt. BGB in Verbindung mit dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag vom 24.11.2005 Zug um Zug gegen Aushändigung der erstellten Unterlagen.

Wie oben unter A.b. ausgeführt, war die Klägerin ursprünglich vorleistungspflichtig.

Diese Vorleistungspflicht der Klägerin hat sich nicht zwischenzeitlich in ein Recht auf Zug-um-Zug-Leistung gewandelt.

So wenig wie die §§ 321 und 648 a BGB zu einer Vorleistungspflicht der Beklagten führen, so wenig sehen sie als Rechtsfolge vor, dass der ursprünglich Vorleistungspflichtige die Leistung des Vertragsgegners Zug um Zug gegen Erbringung seiner eigenen Leistung verlangen könnte.

1. § 321 sieht als Rechtsfolge nicht vor, dass der ursprünglich Vorleistungspflichtige die Leistung des Vertragsgegners Zug um Zug gegen Erbringung seiner eigenen Leistung verlangen kann.

Wie oben unter A.c.aa. bereits ausgeführt, beschränken sich die Rechtsfolgen auf Leistungsverweigerungsrecht des Vorleistungspflichtigen oder Rücktritt.

2. § 648 a BGB sieht als Rechtsfolge ebenfalls nicht vor, dass der ursprünglich Vorleistungspflichtige die Leistung des Vertragsgegners Zug um Zug gegen Erbringung seiner eigenen Leistung verlangen könnte.

Wie oben unter A.c.cc. bereits ausgeführt, beschränken sich die Rechtsfolgen auf Leistungsverweigerungsrecht des Vorleistungspflichtigen oder Vertragsaufhebung.

Es kann daher dahinstehen, ob die Voraussetzungen für die Ausübung der Rechte aus den § 321 BGB bzw. § 648 a BGB überhaupt vorliegen.


C. Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 29.07.2010 gibt dem Gericht keinen Anlass, das Verfahren gemäß § 156 ZPO wieder zu eröffnen.

Weder enthält der Schriftsatz neue Ausführungen, noch verhilft die Berufung der Klägerin auf ihr Zurückbehaltungsrecht gemäß § 321 BGB bzw. § 648 a BGB der Klage zum Erfolg.


II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.


Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus §§ 48 Abs. 1, 43 Abs. 1 GKG, 3 ZPO.

Der später nicht mehr gestellte Antrag der Klägerin aus dem Schriftsatz vom 03.12.2008 (Bl. 68 d.A.), dass die Beklagte Auskunft darüber geben solle, ob eine Genehmigung des Projekts Bioethanolanlage Halle noch möglich sei, führt nicht zu einer Erhöhung des Streitwerts, da es sich hier nicht um einen Klageantrag handelt.

Die Klägerin hat anheimgestellt, hierüber durch Beschluss zu entscheiden.

Damit hat sie nicht den Streitgegenstand erweitert, sondern unter Zugrundelegung ihrer Rechtsauffassung über die Darlegungs- und Beweislast für die Unmöglichkeit der Leistung eine bestimmte Verfahrensweise des Gerichts beantragt, ähnlich beispielsweise der Anordnung der Vorlegung der Urkunde durch den Gegner gemäß § 425 ZPO.

Dr. Schluchter
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